Altersvorsorge: Was Frauen gegen Altersarmut tun können

04. November 2021

Artikel auf „deutsche-handwerks-zeitung.de“

Die Zahlen sind erschreckend. Laut der Deutschen Rentenversicherung erhielten Frauen 2018 im Durchschnitt 437 Euro weniger Altersrente pro Monat als Männer. Dabei gibt es einfache Lösungswege, wie Frauen ihre Altersvorsorge aufbauen können. 

Warum sorgen Frauen weniger vor?

Die Folge davon: Laut dem Statistischen Bundesamt sind 20 Prozent der Frauen über 65 Jahre armutsgefährdet. Bei ihren männlichen Geschlechtsgenossen sind es 15 Prozent. Die Ursachen liegen auf der Hand. „Aufgrund des Nachwuchses haben Frauen durchschnittlich weniger Erwerbsjahre als Männer und sie sind, nachdem die Kinder auf der Welt sind, oft eine gewisse Zeit in Teilzeit tätig“, macht Lena Lochner von der Bayerische Vermögen Management klar. Und das schmälert das Lebenseinkommen.

„Dazu kommt, dass Frauen generell weniger verdienen und oft fälschlicherweise annehmen, ein Ehemann sei eine Altersvorsorge“, stellt Carmen Bandt von der Kidron Vermögensverwaltung fest. „Doch ist der Mann bei einer Trennung zwar für die Kinder unterhaltspflichtig, aber nur sehr begrenzt für die Frau.“

Altersvorsorge für Frauen: Wie viel Geld für den Ruhestand zurücklegen?

Frauen sollten also handeln. Aber wie? „Im ersten Schritt gilt es immer zu verstehen, was die Rentenlücke bedeutet und wie viel Geld jemand braucht, um im Alter den gewohnten Lebensstandard aufrechterhalten zu können“, macht Bandt klar. Ein Rechenbeispiel soll das verdeutlichen. „Kernproblem ist die Inflation, die das Geld laufend entwertet“, macht Bandt klar. „Wenn wir eine durchschnittliche Inflationsrate von 2,5 Prozent annehmen, dann brauchen Sie in 40 Jahren, um sich das Gleiche wie heute mit 2.000 Euro im Monat kaufen zu können, einen Betrag von 5.370 Euro monatlich.“

Wer für 30 Jahre Ruhestand Geld zurücklegen will, benötigt über diesen Zeitraum hinweg Monat für Monat 5.370 Euro oder rund 1,7 Millionen Euro insgesamt. Auf den ersten Blick eine erschreckend hohe Summe. „Sie müssen dabei aber vorhandene Vermögenswerte berücksichtigen, vielleicht eine abbezahlte Immobilie, in der Sie mietfrei wohnen können, die gesetzliche oder betriebliche Altersvorsorge und andere Rücklagen“, erklärt Bandt. „Der Betrag, der dann nicht gedeckt ist, das ist die Vorsorgelücke, die es zu schließen gilt.“

Die gute Nachricht lautet: Diese zu schließen ist nicht aussichtslos. „Wichtig ist, und das gilt für jeden Anleger, dass man mit dem Sparen anfängt, sobald man das erste Geld verdient“, so Lochner. „Wenn Sie zehn Jahre ungenutzt verstreichen lassen, müssen Sie anschließend mehr als das Doppelte pro Monat zurücklegen, um zum gleichen Ergebnis zu kommen“, informiert Bandt.

Welche Investments kommen infrage?

Dann gilt es, das richtige Investment zu wählen. Derzeit gibt es mit festverzinsten Anlagen nichts zu verdienen. „Zwar sind Frauen im Durchschnitt risikoaverser, dennoch geht Altersvorsorge heute ohne Aktien nicht mehr, da sie langfristig die Chance auf ordentliche Erträge und einen Inflationsausgleich bieten“, so Lochner.

Um den Einstieg zu erleichtern, raten die beiden Expertinnen dazu, mit einem Sparplan zu beginnen. „Gerade für Frauen, die aus den genannten Gründen weniger Einkommen zur Verfügung haben, ist das ein guter Weg, weil das schon ab 25 oder 50 Euro pro Monat möglich ist“, erklärt Lochner. Dazu kommt ein weiterer Vorteil. „Sie können, wenn es finanziell eng ist, die Sparrate aussetzen oder reduzieren. Oder, wenn Sie wieder mehr Einkommen haben, diese jederzeit aufstocken“, sagt die Expertin weiter.

Möglichst früh und mit größer werdenden Beträgen in Aktien zu investieren, ist deshalb ein geeigneter Weg, um die Rentenlücke langfristig zu schließen. „Und das gilt nicht nur für Frauen, auch wenn es bei ihnen besonders dringlich ist, sondern für jeden“, so das Fazit von Lena Lochner.

Interview: „Mit wenigen Grundprinzipien ist Vermögensaufbau ganz einfach“

Der Weg vom Sparbuch zum langfristigen Vermögensaufbau mit Aktien erscheint nicht nur Frauen schwierig. Dabei ist es ganz einfach, wenn man ein paar Grundregeln beachtet, meint Carmen Bandt von der Kidron Vermögensverwaltung.

Frau Bandt, warum ist langfristiges Investieren einfacher als viele meinen?

Carmen Bandt: Es ist dann einfach, wenn man zwei Grundkriterien berücksichtigt. Das erste Kriterium ist die Zeit. Je länger der Zeitraum ist, über den jemand Geld anspart, desto höher sind die Chancen, ein Vermögen aufzubauen. Das liegt am Zinseszinseffekt. Denn wenn Sie die Erträge, die Sie aus einer Geldanlage bekommen, sofort reinvestieren, wird im zweiten Jahr nicht nur der Anfangsbetrag verzinst, sondern auch der Ertrag, den Sie im ersten Jahr bekommen haben. Sie sollten also möglichst früh mit dem Sparen beginnen.

Welches ist das zweite Kriterium?

Sie müssen eine renditeträchtige Anlage wählen. Da sich die Zinsen auf historischen Tiefständen bewegen, sollten Anleger in Aktien investieren, die langfristig mit die höchsten Erträge abwerfen. Wichtig ist ein langer Anlagehorizont von mindestens zehn bis 15 Jahren, da sich Kursschwankungen dann immer wieder ausgleichen.

Was gilt es noch zu beachten?

Setzen Sie nie nur auf ein oder zwei Titel, sondern achten Sie auf eine breite Streuung. Das geht am besten mit einem breit aufgestellten Aktienfonds oder einem weltweit anlegenden Exchange Traded Fund. Ferner ist es wichtig, sich zu disziplinieren und auch in Schwächephasen nicht sofort zu verkaufen.

Wie gelingt das?

Hier ist ein Sparplan hilfreich, mit dem Sie immer wieder den gleichen monatlichen Betrag investieren. Gehen die Kurse runter, dann kaufen Sie günstiger nach. Das ist psychologisch ein großer Vorteil. Zudem sollten Sie auf die Kosten bei einem Anlageprodukt achten. Wenn Sie so langfristig vorgehen, dann kann aus Ihrem Geld langfristig ein Vermögen werden.

 

Altersvorsorge für Frauen: Wie ein Sparplan funktioniert und was er bringt

Bei einem Sparplan investiert der Anleger jeden Monat einen bestimmten Betrag in einen aktiv gemanagten Investmentfonds oder einen Exchange Traded Fund (ETF). Solche Sparpläne lassen sich zum Beispiel bei einer Onlinebank ganz einfach selbst einrichten. Für Einsteiger besonders geeignet sind ETFs auf einen weltweit anlegenden Index (siehe Tabelle unten).

Diese Vorgehensweise bietet mehrere Vorteile: Gehen die Kurse nach unten, dann kauft der Anleger die Fonds- oder ETF-Anteile günstiger, womit sich insgesamt ein niedrigerer Einstiegspreis ergibt. Experten sprechen hier vom Cost-Average-Effekt. Dies bietet auch den Vorteil, dass Anleger bei einem heftigen Kurseinbruch womöglich nicht der Versuchung erliegen, sofort auszusteigen. Ein weiterer Pluspunkt ist, dass die Sparrate jederzeit ausgesetzt oder flexibel nach oben oder unten angepasst werden kann.