Die Infektionszahlen sinken, die strengen Maßnahmen werden gelockert und die Wirtschaft nimmt wieder Fahrt auf. An den Börsen wird das gefeiert: Allein der Deutsche Aktienindex Dax kletterte seit Jahresbeginn um 15 Prozent.
Ein Entwicklung, die man auch an anderen Handelsplätzen weltweit beobachten kann. Angetrieben werden die Aktienkurse von der sehr lockeren Geldpolitik der Notenbanken und den milliardenschweren Corona-Hilfspaketen der Regierungen. „Die Kursanstiege können durchaus noch lange anhalten“, sagt Frank Wieser. Dass die Notenbanken ihre Geldpolitik plötzlich ändern, ist kaum zu erwarten.
Zwar seien die Bewertungen der Aktienmärkte hoch, erklärt der Geschäftsführer bei PMP Vermögensmanagement. „Solange die Zinsen niedrig bleiben und es Inflationstendenzen gibt, wird die Flucht in Sachwerte wie Immobilien und Aktien anhalten.“
Für Anleger gibt es derzeit kaum lukrative Alternativen zur Aktie. „Solange das weltweite Wirtschaftswachstum anhält, werden auch die steigenden Kurse durch gute Zahlen unterfüttert“, sagt Wieser. „Eine Fortsetzung der Börsenparty ist somit wahrscheinlicher als ein plötzlicher Crash.“
Risiken für Anleger wachsen
Allerdings wachsen mit kletternden Kursen auch die Risiken für Anleger. Sehr hoch bewertete oder überbewertete Aktien könnten massiv korrigieren, sagt Hermann Ecker, Vermögensverwalter bei der Bayerischen Vermögens Management AG. „Insbesondere Titel, deren Kurse von Hoffnungen auf gute Umsätze sowie Erträge in der fernen Zukunft getrieben waren, werden nun verkauft.“
Das sieht Markus Steinbeis ähnlich: „Der Aktienmarkt befindet sich mitten in einer Sektor-Rotation, wobei Wachstums- oder Tech-Aktien zugunsten zyklischer beziehungsweise Value-Aktien verkauft werden“, erläutert der Geschäftsführer der Steinbeis&Häcker Vermögensverwaltung.
„Diese Growth-Value-Rotationen treten in der Regel nach Rezessionen auf.“ Der Trend, der während des vorangegangenen Konjunkturzyklus zu beobachten war, werde für den nächsten Konjunkturzyklus auf den Kopf gestellt werden. „Diese Entwicklung dürfte noch weitergehen.“
Crash kommt ziemlich wahrscheinlich
Doch was, wenn die Kurse in der Breite in den Keller rauschen? Bloß keine Panik, rät Gerd Kommer. Im Gegenteil: „Junge Anleger, die noch nicht in der zweiten Lebenshälfte sind, werden von einem Crash vermutlich sogar profitieren“, sagt der Finanzexperte und Buchautor .
Wer viele Jahrzehnte am Aktienmarkt investiert – eine der Grundregeln für den Anlageerfolg – wird sehr wahrscheinlich einen Crash erleben. „Je früher dieser Crash in der Vermögensaufbauphase unter sonst gleichen Umständen kommt, desto höher ist am Ende das Vermögen.“
Am Anfang sind die angesparte Summe und der erwirtschaftete Ertrag in Geldeinheiten noch übersichtlich. Starke Kursrückgänge von 30 Prozent oder mehr fall gemessen in Euro nicht so sehr ins Gewicht und bedeuten für das danach investierte „neue Geld“ besonders billig einzusteigen. Zu niedrigeren Kursen kaufen, bringt höhere Renditen in der Zukunft.
Dieses „Gesetz“ gilt nicht mehr später, wenn schon ein größeres Vermögen aufgebaut wurde. „Ein Crash am Ende der Ansparphase kann sogar einen endgültigen Verlust bedeuten“, sagt Kommer. Wer kurz vor der Rente steht und sein Vermögen bald nutzen will, muss sein Risiko konservativer managen. „Dann sollten Sie die Aktienquote reduzieren.“
Depotstruktur muss stimmen
Um von einem möglichen Crash an den Aktienmärkten nicht voll getroffen zu werden, ist es wichtig, das Vermögen zu verteilen. „Diversifikation in einem Depot ist sicherlich die beste Möglichkeit, gegen Krisen gut aufgestellt zu sein“, sagt Nicolas Pilz, Geschäftsführer der Societas Vermögensverwaltung.
Eines sollten Anleger dabei aber nicht vergessen: „Mein Depot kann ich gegen Krisen wappnen, nicht jedoch gegen Wertschwankungen“, sagt Hermann Ecker. „Gegen Krisen kann ich es wappnen, indem ich langfristig denke, meine Emotionen ausschalte, wenn es mal richtig kracht und dann niedrige Kurse als Gelegenheit zum Kaufen nutze.“ Bei soliden und vernünftig bewerteten Aktien könne man sich langfristig über einen Wertzuwachs freuen.