13. Mai 2024
Artikel auf „v-check.de“
Im deutschen Stiftungssektor verfolgen ca. 90 Prozent der rechtsfähigen Stiftungen bürgerlichen Rechts gemeinnützige Zwecke. Der Stifter, zumeist Privatpersonen oder Unternehmen, übertragen dabei dauerhaft Vermögen an die Stiftung zur Förderung des Stiftungszwecks.
Die meisten Stiftungen werden auf unbestimmte Zeit gegründet, viele existieren bereits seit mehreren Generationen. Aus Sicht der Kapitalanlage ergibt sich für das Stiftungsvermögen daher ein extrem langer Anlagehorizont. Darüber hinaus soll das Stiftungsvermögen als solches erhalten bleiben, denn zur Förderung des Stiftungszwecks werden klassischerweise lediglich die Erträge aus der Veranlagung des Stiftungsvermögens verwendet. In diesem Fall folgt die Kapitalanlage von Stiftungsvermögen daher zwei Zielen: dem realen Substanzerhalt des Stiftungsvermögens über einen langen Zeitraum hinweg und der Erwirtschaftung auskömmlicher Erträge.
Breit streuen und Risiken minimieren
Klassiker wie die zehnjährige Bundesanleihe oder US-Treasuries galten im deutschen Stiftungssektor lange Zeit als Mittel der Wahl, um oben genannte Investitionsziele zu erreichen. Die vergangene Niedrigzinsperiode sowie die überbordende Staatsverschuldung veranlassen viele Stiftungsträger jedoch dazu auch andere Anlageklassen in Betracht zu ziehen, um Erträge zu erwirtschaften und Risiken zu streuen. Ohnehin belegen mehrere Studien, dass bei einem ausreichend langen Anlagehorizont eine breit gestreute Investition in Aktien die rentabelste Form der Kapitalanlage darstellt.
Einschränkend muss jedoch erwähnt werden, dass sich innerhalb des Anlagezeitraums nicht zwingend verlässlich wiederkehrende Erträge ableiten lassen, denn der Aktienmarkt unterliegt teilweise heftigen Schwankungen. Nehmen wir an, die Stiftungssatzung gibt bezüglich der Anlageklassen keine Einschränkungen vor. Dann spielt es für die Struktur eines Stiftungsdepots nur eine untergeordnete Rolle, ob eine, fünf oder zehn Millionen Euro investiert werden sollen. Viel entscheidender sind der Anlagehorizont sowie die Regelmäßigkeit und die Höhe, in der die Erträge ausgeschüttet werden sollen.
Den Anlagehorizont definieren
Grundsätzlich gilt, je länger der Anlagehorizont ist, desto größer darf der Aktienanteil am Depot sein. Bei Zeiträumen über 20 Jahren ist sogar eine Aktienquote von 100% möglich. Je kürzer der Anlagehorizont ist, umso gewichtiger sollte in Anleihen investiert werden. Für Laufzeiten von fünf bis zehn Jahren bietet sich ein gemischtes Depot an, bestehend aus 20% Qualitätsaktien, 25% Dividendentiteln, 20% Staatsanleihen, 20% Unternehmensanleihen, 10% REITs und 5% Gold. Wir gehen im folgenden Abschnitt näher auf die einzelnen Bestandteile ein.
Einen Platz im Depot haben sollten Aktien qualitativ herausragender Unternehmen, mit einem stabilen, krisenfesten Geschäftsmodell, gut planbaren und zuverlässigen Erträgen, einem niedrigen Verschuldungsgrad und nachhaltigen strategischen Wettbewerbsvorteilen. Insbesondere in den Bereichen Pharma, Konsum, Industrie und Biotechnologie kann man solche Perlen zu fairen Einstiegskursen finden. Die Branchen Technologie und Software bieten enormes Wachstumspotenzial. Anleger sollten hier jedoch auf eine moderate Bewertung der Aktie achten.
Neben den oben genannten Auswahlkriterien ergeben sich in der Auswahl der Dividendentitel noch weitere Anforderungen. Eine zuverlässige, ungekürzte Ausschüttung der Dividende über einen langen Zeitraum, auch in Krisenzeiten, ist ein Muss. Darüber hinaus sollte die Dividende konstant steigen und gut mit Erträgen untermauert sein. Eine Ausschüttungsquote zwischen 30 Prozent und 60 Prozent der Earnings per Share ist aus Nachhaltigkeitsgründen wünschenswert.
Bei den Staatsanleihen sollte auf die höchstmögliche Bonität geachtet werden. Hier bieten sich im Moment deutsche Bundesanleihen und die US-Treasuries an, bevorzugt im Laufzeitenbereich bis zu fünf Jahren. Aus Diversifikationsgründen sollten auch Unternehmensanleihen in Betracht gezogen werden. Wie bei den Aktien ist in der Auswahl auf Qualität zu achten. Darüber hinaus müssen Währungseffekte berücksichtigt werden. Gold dient aufgrund der aktuellen geopolitischen Verwerfungen und Chinas Abkehr vom US-Dollar der Absicherung im Depot. Um neben dem klassischen Aktien- und Anleihenmarkt auch am Immobilienmarkt zu partizipieren, können Stiftungen auch auf börsengehandelte REITs zurückgreifen, einer speziellen Aktiengattung mit hoher Ausschüttungsquote, die sich aus der Vermietung und Verpachtung von Immobilienvermögen finanziert.