8. März 2021
Artikel auf V-Check & Institut für Altersvorsorge
Die Frage, ob divers geführte Unternehmen erfolgreicher sind, wird von Befürwortern und Gegnern der Frauenquote kontrovers diskutiert. Eine Vielzahl von Studien weist jedoch mittlerweile auf eine Korrelation zwischen dem Frauenanteil im Top-Management und einer positiven Performance am Kapitalmarkt hin.
Die Boston Consulting Group fand im vergangenen Jahr heraus, dass divers geführte Unternehmen an der Börse erfolgreicher sind. Demnach performten die 30 BCG Gender Diversity Champions aus den insgesamt 100 untersuchten Unternehmen der großen deutschen Prime-Indizes (DAX, MDAX und SDAX) im Zeitraum 2017 bis 2019 um etwa zwei Prozentpunkte besser als der DAX, bei gleichzeitig niedrigerer Volatilität.
Neben der BCG-Studie schlagen weitere Untersuchungen einen ähnlichen Ton an. Mit dem Frauenanteil in der Chefetage wachsen der Umsatz, die EBIT-Marge (Gewinnmarge vor Zinsen und Steuern) und die Eigenkapitalrendite eines Unternehmens. Die Datenlage scheint klar: Unternehmen mit einer hohen Frauenquote sind erfolgreicher und schneiden am Kapitalmarkt besser ab als der Durchschnitt der börsennotierten Männerdomäne. Die Frage, die jedoch bleibt, ist, ob aus dieser Korrelation auch eine Kausalität abgeleitet werden kann.
Machen Frauen Unternehmen erfolgreicher? Oder legen ohnehin erfolgreiche Unternehmen einfach mehr Wert auf Chancengleichheit und Heterogenität, wodurch der Frauenanteil steigt? Ein klassisches Henne-Ei-Problem, in dem ein enorm großes, ökonomisches Potenzial schlummert, von dem Unternehmen und Investoren profitieren können.
Das Humankapital, welches Frauen in Unternehmen einbringen, ist vielfältig. Um Verantwortung übernehmen zu können, müssen Frauen weit mehr als ihre männlichen Kollegen mit Inhalten, Kompetenzen, Professionalität und Leistung überzeugen. Schafft es eine Frau, sich im Kampf um eine Managementposition durchzusetzen, verdrängt sie oft einen mittelmäßigen Mann, wodurch das Kompetenz- und Leistungsniveau dieser Führungsebene steigt. Insbesondere bei einer Veränderung im Top Management hat dies auch unmittelbare Auswirkung auf den Aktienkurs eines Unternehmens.
Auch in der Zusammenarbeit eines Führungsteams sind Frauen ein Gewinn. Sie bringen neue Perspektiven ein und steigern die Heterogenität männlich dominierter Teams. Durch einen tendenziell integrativen, empathischen Führungsstil legen sie außerdem Wert darauf, dass alle Teilnehmer einer Diskussion zu Wort kommen. Frauen steigern so die Innovationskraft und Intelligenz einer Gruppe und erschließen somit Potenziale für effizientere, effektivere Prozesse, was sich langfristig auf den Unternehmenserfolg und die Performance auf dem Börsenparkett auswirkt.
Die Argumentation, warum Frauen einen positiven Einfluss auf den Unternehmenserfolg haben, ließe sich endlos fortführen. Zentral ist dabei jedoch die Erkenntnis, dass Unternehmen und Eigentümer von der Heterogenität, die ein ausgeglicheneres Geschlechterverhältnis mit sich bringt, wirtschaftlich profitieren können. Dabei spielt es keine Rolle, ob Henne oder Ei, also ob erfolgreiche Unternehmen mit einem heute hohen Frauenanteil auch schon vorher erfolgreich waren. Denn hochqualifizierte Frauen bereichern jedes Unternehmen.
Internationale Investoren sogenannter Gender Lens Investing-Produkte haben diese Chance erkannt und setzen längst auf Organisationen, die Vielfalt leben. Die Zeit wird zeigen, ob neben der Stabilität des Geschäftsmodells, steigenden Erträgen und attraktiven Ausschüttungen zukünftig auch die „gelebte Gleichberechtigung“ als verlässlicher Indikator zur Bewertung von Einzeltiteln herangezogen werden kann.
Autorin: Lena Lochner, Portfoliomanagerin, Bayerische Vermögen Management AG